Der Donnerstag 11. September ist unbedingt zu reservieren: Arte bietet ein vielseitiges Programm von 13 Uhr bis Mitternacht.
Darunter findet man namhafte Choreographen wie Forsyhte, Cunningham (Pond way 16.50 Uhr) und Pina Bausch (Orpheus und Eurydike 15 Uhr vgl. meine Besprechung), aber auch Vertreter der stilistischen Cross-over-Experimente aus Brasilien (Companie Käfig und Companhia Urbana de Danca 21 Uhr).
One Flat Thing Reproduced von William Forsythe
Mit dem flachen Ding, soviel soll verraten sein, meint William Forsythe – seine Titel waren nicht selten Understatements – den Tisch. Der Tisch scheint, wie übrigens auch der Stuhl, grosse Choreographen seit eh her gefor
dert zu haben. Kurt Joos` grünfarbener erhielt beim Pariser Choreographenwettbewerb damals den 1. Preis, in den 90ern tanzten fünf Alias-Tänzer atemberaubend um einen schwarzen herum. Während Alexander Ekman in der Jooss-Cullberg-Folge den Tisch samt Gentlemen verdreifacht, bietet Forsythe ihn uns als Produkt des Zeitalters der technischen Reproduzierbarkeit um ein vielfaches gehäuft. Herausfordernd ist ein Tisch für Choreographen nicht als Element des Bühnenbilds, noch als verführerischer Gegenstand, Tänzer im Alltagsgebaren und Innerlichkeit um sich zu scharen. Fordernd ist das flache Ding für den Tanz und seiner Bewegung, wenn es als Platte einem den eukinetischen Raum (um den menschlichen Körper herum) zweiteilt. Wie sehen Bewegungen aus, wenn ihr Bewegungsraum halbiert ist? Wenn die horizontale Fläche druckempfänglich ist? Indem Forsythe in Improvisational Technologies solche Flächen und Kanten schon imaginierte, ist es in diesem Stück auch ein grossartiger Effekt, wenn ein Tänzer seine Abfolgen an fiktiven Ebenen abarbeitet und sie plötzlich auf eine reale Platte hievt.Thierry de Mey ist ein Choreograph der Musik (man kennt z.B. seine Tafelmusik 1987, ein Augenschmaus) und seit dem Film Rosas tanzt Rosas (1997) ein Choreograph der Bilder. Nichts liegt näher als ihn zu Tisch zu bitten, wenn Forsythe seine Kantenanalysen aus überraschenden Winkeln gut rhythmisiert einfangen möchte.
TV-Regie: Thierry de Mey, Musik: Thom Willems, Arte-France Frankreich 2006, 26 Min.Arte 11. Sept. 2008 17.15 Uhr
3. Okt 2010 9.45 Uhr
3. Okt 2010 9.45 Uhr
Entity: a diptych von Wayne McGregor
Nein, die Arbeit mit dem Software habe nicht seinen Tanzstil beeinflusst. Die rühre eher von Club-Tänzen, meinte Wayne McGregor noch 2002. Aber in Entity, seinem jüngsten Werk will er eine uns sehr “externe” Identität präsentieren, mit einer ganz eigenen Syntax. Und dazu ist ihm jede Technologie recht und begibt sich ins Labor: die High-Tech-Bedingungen setzte er sich mit kalifornischen Kognititionswissenschaftlern. Auf das Laborergebnis darf man gespannt sein. Eins ist sicher, die Limon-Schwünge seiner Schulzeit sind seziert, wenn nicht genetisch verändert…
Wayne McGregor, kaum 28 Jahre alt, hat seit 6 Jahren seine eigene Companie (Random Dance), welche im erweiterten Sadler´s Wells in London seit 2002 beheimatet ist. Preisverwöhnt zog McGregor gar als erster fester Choreograph aus der zeitgenössischen Tanzszene in das Royal Ballet. Entity: a diptych tourt z.Zt. in Lyon, wo es von Arte für uns übertragen wird.
Arte, 11. September 2008 21.50 UhrAGWA von Mourad Merzouki und Sonia Destri
Wer möchte nicht den frechen Tanz von der Strasse auf die Bühne holen? Noch bevor er auf Wettbewerben und Showdowns zum Sport verkommt. Willkommen seien also die brasilianische Companhia Urbana de Dança und die französische Käfig im Rahmen des Tanzprogramms von Arte.
Käfig schaffte schon seit einem Jahrzehnt Capoeira- und Breakdance-Elemente in ein überzeugendes künstlerisches Konzept zu betten. Nuancen und poetische Bilder gehen nicht durch Akrobatik unter. Wenn die rasanten Burschen tanztrunken einhalten, berühren ihre stillen Gesten und Posen umsomehr.
Nun taten sich Anfang des Jahres beide Companien in Rio für das Stück AGWA zusammen. Mourad Merzouki, Leiter von Käfig, und die unverbrauchte Jugend der Favelas (gezügelt unter Sonia Destri) stürmt nun dieser Tage Lyon. Von der Probezeit in Rio berichtet Merzouki 18.05 Uhr (40min).
Für Merzouki ist es nicht das erste Mal auf der Biennale. 1994 hatte sein Hip-Hop-Stück Athina einen grossen Erfolg und er tourte damit in den Flüchtlingslagern Kroatiens während des Krieges. Der Tanz als Funke, der ‘rübersprang, erinnert er sich.
Arte, 11.September 2008, 21.00 Uhr, 50min.
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