Das neueste Stück der NDT-Hoffnung: Words Failed Me
Der begnadete NDT 2-Tänzer und NDT-Choreograph Medhi Walerski kommt für eine halbe Stunde, « auf ein Wort », in Bern vorbei. Nun, « auf ein Wort » heisst der Ballettabend des Bern :Ballett, und eine halbe Stunde darin bedeutet das Herzstück. Doch was er uns zu sagen hat, ist so unprätentiös, wie nur möglich : « it’s just me ». Vierzehnfach fällt das Wort mal hier mal dort, hinter vierzehn graugekleideten Tänzern versteckt Medhi seine Person.
In grauen Arbeitskitteln sind sie versät auf der bis in den letzten verkabelten Winkel ausgeleuchteten Bühne. Sie « stimmen » sich ein, wie sonst das Orchester, und wagen vereinzelt einen schüchternen Blick, einen zaghaften Wink zu uns. Denn wir sind die Hauptperson, das wird klar. Wenn sie 14 Stühlchen lose aufreihen, sind diese uns zugewendet, die Gesichter auch. Nur ist das Kinn - vierzehnfach - auf der Sitzfläche präsentiert wie auf einem Schafott und mit Flügelarmen versehen, die es dabei gern davontragen sollten..
Mit diesen theatralischen Bildern könnte Medhi ein Kind des Tanztheaters sein, wenn nicht – der Rest anspruchsvoller Tanz wäre. Choreographisches Bijou ist die Kette der Duett-Folgen. Nacheinander tritt mal die eine mal die andere Frau einsam (aber immer anders) auf der Stelle und ein « it’s just me ! " stösst hinzu. Der Partner taucht aus einem Spalt, aus dem Dunkel, aus dem Nichts und ergänzt die charakteristischen Bewegungen der Frau auf so überraschende Art wie ein Wunder. Ob eine nicht abhebende Fälkin unter die ausgebreiteten Schwinge gegriffen bekommt, um gemeinsam das Weite zu suchen, ob die tiefen Kniebeugen einer anderen von einem rumpfrhotierenden Knienden kurzerhand über sein Kreuz gelegt wird, die humorvolle Antwort kommt stets wie die Erfüllung einer Vorhersehung.
Die Schrittfolgen sind so klar und ruhig ausgearbeitet und von keinem Tempo fremdbestimmt, dass der Zuschauer sie nachvollziehen und « auf der Zunge zergehen lassen » kann wie ein treffendes und poetisches Wort. Lehnt die vielseitige und artikulierte Hui-Chen Tsai rücklings an einem Mann und rutscht ihm in die Arme, so nimmt er ihr Gewicht, tritt zurück und schiebt sie wie einen Schubkarren durch den Raum. Ihrer Füsse wieder Herr wölbt sie sich alsdann wie ein Segel in alle Richtungen um den Mann als Mast. Oder wenn sie zwischen zwei Männern gespannt die Bühne in einer langen Diagonale buchstäblich durchzieht, erst ihre langgestreckten Beine hinter sich am Boden herschleifend, auf halben Weg sie dann aber nachvorne propulsierend : ihr langer Körper bildet je eine Diagonale auf der Diagonale.
Einfallsreich sind Formationen, Musikauswahl (von Chopin bis ins Mikrophon gehauchtes Wort) und die Bühnenbildung durch Blöcke : ein von Ideen sprudelnder Jungchoreograph. Man wünscht ihm mit der Zeit und Reife eine strengere « Engführung », - bis dahin vergibt ihm der Geist der Zeit, die (noch-)Postmoderne.
weitere Vorstellungen in den Vidmarhallen (Bern):
20.02.2010, 19.30 Uhr
28.02., 7.03., 2010, 18.00 Uhr,
09., 19.03.2010, 19.30
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